Franz Schmidt & Haensch: Kleines Mikroskop


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Franz Schmidt & Haensch Berlin: Kleines Mikroskop

Kleines Mikroskop von Franz Schmidt & Haensch; Flachfußstativ um 1870 im Kasten. Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und geschwärztem Messing und gebläutem Stahl. Die grobe Einstellung wird über einen Schiebetubus mit variablem Anschlag ermöglicht, der Feinfokus durch ein Rändelrad an der Säule erzielt.

Franz Schmidt & Haensch Berlin: Kleines Mikroskop; variabler TubusanschlagDie beiden Okulare Nr. 1 und Nr. 2 sind im Stile des großen Berliner Instrumentenbauers F.W. Schiek nummeriert. An weiterer optischer Ausstattung dieses einfachen kleinen Mikroskops findet man ein dreiteiliges Satzobjektiv mit den Schlagzahlen 1, 2 und 3 sowie ein unbezeichnetes Objektiv Nr. 4.

Franz Schmidt & Haensch Berlin: Kleines MikroskopDer Plan- und Konkavspiegel ist zweifach gelagert, zur Abblendung dient eine Revolverlochscheibe.

Die Signatur des Instrumentes befindet sich auf dem Fuß dem Benutzer abgewandt. Hier liest man in dekorativer Schrift:

Franz Schmidt & Haensch Berlin

Liegend wird das Mikroskop im Mahagoni-Kasten untergebracht. Am Boden dieser Kastette ist eine handgeschriebene Vergrößerungstabelle eingeklebt.

Franz Schmidt & Haensch Berlin: Kleines Mikroskop; VergrößerungstabelleFranz Schmidt (1825-1888) und Hermann Haensch (1829-1896) gehen beide bei W. Langhoff in die Mechanikerlehre. Während Franz Schmidt nach seiner Lehrzeit bei Pawlowski in Berlin vor allem Polarisationsinstrumente baut und nach dem Tod des Werkstattinhabers dessen kleinen Betrieb 1859 übernimmt, begibt sich Hermann Haensch auf Gesellenwanderschaft. Er arbeitet unter anderem für Hofmann in Paris und Ross & Co in London. Zurück in Berlin gründet Haensch eine kleine Werkstatt und baut dort ab1861 Mikroskope. Nach Vorgaben von Rudolf Virchow konstruiert Hermann Haensch 1864 ein Trichinenmikroskop. Entsprechend schreibt der Berliner Mediziner in seiner berühmt gewordenen Schrift zur Trichinosis (Rudolf Virchow: Darstellung der Lehre von den Trichinen, mit Rücksicht auf die dadurch gebotenen Vorsichtsmaßregeln; Verlag von G.Reimer; Berlin 1864: 48-49) über die für die Trichinenschau zu verwendenden Mikroskope:

Franz Schmidt & Haensch Berlin: Kleines Mikroskop im Kasten liegendWenn zu diesem Zwecke die besten Instrumente, wie immer, vorzuziehen sind, so sind diese doch nicht gerade nothwendig. Im Gegentheil genügen dazu schon Mikroskope mit mäßigen Vergrößerungen, wobei ich jedoch darauf aufmerksam mache, daß schlechte Mikroskope, welche eine starke Vergrößerung prätendiren, in der Regel weniger brauchbar sind, als gute Instrumente mit sehr mäßiger Vergrößerung.
Auf meine Veranlassung hat der Optiker Hänsch in Berlin (Karlsstraße 8) kleine Mikroskope eigens zu diesem Zweck eingerichtet. Dieselben geben eine 100 bis 180fache Vergrößerung und kosten nur 10 bis 12 Thlr.

[...]
Ebenfalls sehr empfehlenswerth sind die einfachen Mikroskope (Simplex) des berühmten Optikers Schiek in Berlin (Marienstraße 1), welche nicht so starke Vergrößerung liefern, aber um so genauer gearbeitet sind. Sie kosten 20 Thlr.
[...]
Für größere Ansprüche sind die gebräuchlichen Mikroskope zu 40-50 Thlr., wie sie Hänsch, Schiek, Wappenhans u.A. in Berlin, Belthle in Wetzlar, Hartnack in Paris u.A. liefern, zu empfehlen.

Franz Schmidt & Haensch Berlin: Kleines Mikroskop; OkulareFranz Schmidt & Haensch Berlin: Kleines Mikroskop; ObjektiveIm selben Jahr erbt Franz Schmidt von seinem Vater 8000 Thaler und gründet daraufhin mit Hermann Haensch am 24. April 1864 in der Dragonerstrasse 19 eine Werkstätte mit zehn Gehilfen. Schmidt ist verantwortlich für den Bau von Saccharimetern und ähnlichen Polarisationsinstrumenten während Haensch seine Produktpalette von Mikroskopen und Spektroskopen weiterführt.

Der gute Ruf der Qualität der Polarimeter aus jener Werkstatt sorgt im Laufe der Jahre für eine nahezu monopolartige Stellung der Firma auf diesem Gebiet. Da beim Bau von Saccharimetern und Spektroskopen aller Art kein vergleichbarer Konkurrenzdruck wie beim Bau von Mikroskopen besteht, verschiebt sich die Ausrichtung der Produkte der Firma immer weiter vom Mikroskopbau weg. Obwohl eine besondere Art des Trichinenmikroskops zur mechanisch gekoppelten, systematischen Absuche der Kompressorien entwickelt wird und auch Spezialmikroskope für die Wissenschaft gebaut werden, tauchen so 1893 keine Mikroskope mehr aus der Werkstätte von Franz Schmidt & Haensch auf.

Pieter Harting (Pieter Harting: Das Mikroskop. Theorie, Gebrauch, Geschichte und gegenwärtiger Zustand desselben; Deutsche Originalausgabe, vom Verfasser revidirt und vervollständigt; herausgeben von Dr. Fr. Wilh. Theile; in drei Bänden; zweite wesentlich verbesserte und vermehrte Auflage; Verlag Friedrich Vieweg und Sohn; Braunschweig 1866: III, 193-194) schreibt zu den Mikroskopen aus dieser Werkstatt:

Seit 5 Jahren kommen noch aus einer anderen Berliner Werkstätte Mikroskope, nämlich von Franz Schmidt und Haensch (Dragonerstrasse 19).
[...]
Ihr Gestelle, in sechserlei Grössen, scheinen nach den Abbildungen im Preiscourante eine zweckmässige Construction, jedoch ohne neue Einrichtungen zu haben; es sind grösstentheils Copien von Oberhäuser'schen und Nachet'schen Gestellen.

Harting diskutiert ein mittleres Stativ des Herstellers und bewertet im weiteren die Optiken wie folgt: Sollten die stärksten Objective Nr. 8 und 9 verhältnismässig eben so tüchtig sein, so würden die Mikroskope von Schmidt und Haensch zu den besten jetzt in Deutschland gelieferten gehören.

Die Preise der Objektive werden angegeben zu: Nr.1 ...4 Thaler; Nr. 1 + 2 .... 6 Thaler; Nr. 1 + 2 + 3 ...8 Thaler und Nr. 4...10 Thalern.

Das Mikroskop kann aus einem privaten Nachlass in München im Juli 2004 für die Sammlung erworben werden.

[Vergleiche Referenz 40, 90, 95, 102, 136 sowie Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: "Zusammengesetztes Mikroskop um 1885 / Signatur: Franz Schmidt & Haensch, Berlin, No. 883", Museal-Nr. 27.092]

(Vergleiche Referenz und "Zusammengesetztes Mikroskop um 1895 / Signatur: C. Reichert, Wien VIII., Bennogasse 26, No. 12675", Museal-Nr. 24.203)


25.07.2004 by Timo Mappes

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