Großes Zeiss Mikroskop I a


Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285 Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285 Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285 Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285

Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285
Zeiss Mikroskop I a; hergestellt 1897. Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem, brüniertem, vernickeltem und schwarz lackiertem Messing, gebläutem und blankem Stahl. Die Beleuchtung erfolgt über einen vollständigen Abbe'schen Beleuchtungsapparat mit ausklappbarem Kondensor. Das Instrument verfügt über einen ausziehbaren, graduierten Tubus, eine grobe Einstellung über Zahn und Trieb sowie einen Prismenfeintrieb.
Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: SignaturAuf dem Tubus ist das Mikroskop signiert mit:

Carl Zeiss
Jena
No 28285

Der dem Benutzer zugewandte Dorn des Hufeisens trägt die Stativbezeichnung als tiefe Gravur:

I a

Untergebracht wird das große Instrument stehend in einem lackierten Mahagonikasten.

Das Mikroskop ist ausgerüstet mit den Objektiven AA C.Zeiss, Nr. 13575, DD C.Zeiss 0,18, und Homog. Immers. 1/12 C.Zeiss 0,17, Nr. 4938 sowie den Okularen Nr. 2 und zwei jüngeren Nr. 4

Der große Kreuztisch des Mikroskop trägt die Gravur Carl Zeiss Jena No. 1085, die hier vorliegende Konstruktion wird im Oktober 1894 eingefühert (S. Czapski: Neuer beweglicher Objecttisch zu Stativ Ia der Frima Carl Zeiss in Jena. Mittheilungen aus der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie XI (3), 1894: 301-304). Dort heißt es zur Motivation der Einführung des Tisches:

Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: Kreuztisch Zu dem Stativ la liefert die Firma Carl Zeiss in Jena neuerdings einen beweglichen Objecttisch von wesentlich anderer Construction als bisher. Maassgebend für diese Construction war der Gesichtspunkt, einen mechanisch beweglichen Tisch herzustellen, der bei unverminderter Grösse und Exactheit der Bewegungen der Schlitten in beiden Hauptrichtungen von so solider Bauart sei, dass er jederzeit am Mikroskop verbleiben könne und die Benützung eines besonderen massiven (Hartgummi-) Tisches überflüssig mache.
Dieses Ziel dürfte in dem vorliegenden Tisch erreicht sein.

Des weiteren wird die Funktion dieses ersten robust gebauten Tisches wie folgt ausgeführt:

Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: OkulareBei demselben [Tisch]wird der Objectträger in der üblichen Weise mit der schmalen Kante gegen den linken Anschlag A gelegt, (Figur 1) während das linke Ende der unteren langen Kante gegen den Aufsatz R gedrückt wird; dann wird der zweite frei bewegliche, in einer Nuthe längsgeführte Anschlag B gegen die andere schmale Kante des Objectträgers herangeschoben, sodass derselbe fest gefasst ist. Der Anschlag 1 lässt sich an mehreren Stellen des Rahmens mittels Schraube h und Stellstift in hierfür vorgesehenen Löchern fixiren, um so den verschiedenen Formaten der Objectträger angepasst zu werden 1.
Dieser Rahmen kann nun sammt Anschlägen und Objectträger mittels des schräg nach hinten stehenden Triebkopfes K, der auf eine schräg unten am Rahmen angebrachte Zahnstange wirkt, seitlich bewegt werden, und zwar um den Betrag von 50 mm. Die Führung geschieht hierbei durch einen noch weiter schräg unten am Rahmen (Aufsatz) liegenden, also ganz verdeckten Schwalbenschwanz. Die Grösse der Verschiebung beziehungsweise die seitliche Stellung des Rahmens kann an der Scala S1 mittels Nonius N1 abgelesen werden. Die horizontal seitlich am Tisch hervorragende Walze W ist ebenfalls mit einem Trieb verbunden, der auf eine rechts unterhalb des Tisches T angebrachte Zahnstange wirkt und so diesen Tisch in der Richtung von vorn nach hinten bewegt. Durch zwei in der Figur ebenfalls nicht sichtbare - weil völlig verdeckte - Führungsleisten wird der sichere und ruhige Gang des Tisches gewahrt. Die in der Figur sichtbaren vier erhöhten Streifen des Grundtisches sind sorgfältig eben geschliffen und dienen als Auflagen der Führung. Die Grösse beziehungsweise das Stadium der Bewegung wird wiederum an einer Scala S2 mittels Nonius N2 abgelesen; Bewegungsgrösse in dieser Richtung = 35 mm.
Der bewegliche Tisch T ist mit einer ovalen, in der Richtung der Bewegung länglichen Ausfräsung versehen, die sich nach unten conisch erweitert, und der eigentlich fest am Mikroskop verbleibende Grundtisch G ist in der Mitte kreisförmig ausgedreht. Auf diese Weise ist der stete Contact des Objectträgers mit der Frontfläche des Condensors - eine unumgängliche Forderung der modernen Mikroskopie - ermöglicht.

Kreuztisch. Abb. aus:S. Czapski: Neuer beweglicher Objecttisch zu Stativ Ia der Frima Carl Zeiss in Jena. Mittheilungen aus der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie XI (3), 1894: 301-304Kreuztisch. Abb. aus:S. Czapski: Neuer beweglicher Objecttisch zu Stativ Ia der Frima Carl Zeiss in Jena. Mittheilungen aus der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie XI (3), 1894: 301-304

Ist so, wie aus dem Voranstehenden wohl hervorgeht, an sich eine schon sehr solide, massive Construction erreicht, deren Gleitflächen und Bewegungsmechanismen vor Staub und sonstigen atmosphärischen wie auch vor mechanischen Angriffen geschützt sind, so kann man leicht noch einen Schritt weiter gehen und durch einen Handgriff die Fläche des Tisches ganz freilegen. Lüftet man nämlich das am Nonius N1 befindliche, senkrecht stehende Knöpfchen L, so lässt sich der ganze, ausser mit der Schraube L selber nur mit zwei in Löchern greifenden Stellstiften befestigte Rahmen R abheben, und der Tisch gewinnt das in Figur 2 dargestellte Aussehen.
Jetzt kann auf den Tisch eine Culturplatte aufgelegt werden, welche auch nach hinten die Grösse des ganzen Tisches einnimmt, d. h. bis an den Prismenflansch reicht, oder es wird ein Objectträger beliebigen anderen Formats mittels zweier in hierfür vorgesehene Löcher zu steckender, dem Instrument beigegebener Federklammern FF in der gewöhnlichen Weise befestigt.

Carl Zeiss Jena Mikroskopstativ Ia, Abb. aus: Carl Zeiss Jena, Optische Werkstaette: Microscopes et Appareils Accessoires; No. 30; Jena 1895Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285Immer noch kann die Walze W dazu dienen, das Object mechanisch wenigstens in einer Richtung zu verschieben, und können die Beträge der Verschiebung an der Scala S2 mit dem Nonius N2 abgelesen werden.
Die Walze W dient zugleich als Handhabe für die Rotation des ganzen Tisches, sodass im letztbeschriebenen Fall die Bewegungsrichtung nach Belieben entweder wie ursprünglich von vorn nach hinten oder von rechts nach links oder in jedem beliebigen anderen Azimut gewählt werden kann.
Das Einsetzen dieses beweglichen Tisches in das Stativ - wo er nicht schon an demselben vorlianden ist - erfolgt ganz ebenso wie das des bisher gelieferten. Durch Lösen der Centrirschrauben und Druck des am Stativ befindlichen Tisches nach vorn wird dieser herausgehoben und in entsprechender Weise der bewegliche Tisch eingesetzt.
Der Preis des Tisches für sich ist 100 M., der Preis des mit demselben versehenen Stativs Ia 375 M., wenn auf Beigabe des Hartgummitisches verzichtet wird; einschliesslich des letzteren ist der Preis des Stativ Ia wie früher 400 M. ; Preis des Stativs la nur mit Hartgummitisch ebenfalls wie früher 300 M.

[Eingegangen am 14. October 1894.]

1) Die Schraube h muss mittels Schraubenziehers gelöst werden; diese Einrichtung ist absichtlich getroffen, da eine Veränderung an dieser Stelle im allgemeinen nur ein für alle Mal vorgenommen wird, eine spontane Veränderung aber die Benutzung der Scalen als Finder unmöglich machen würde.

Im Katalog von 1895 (Carl Zeiss Jena, Optische Werkstaette: Microscopes et Appareils Accessoires. No. 30; Jena 1895) wird das Instrument als geeignet zur Verwendung mit allen angebotenen Nebenapparaten angepriesen. Es ist versehen mit einem vollständigen Abbe'schen Beleuchtungsapparat der numerischen Apertur 1.40 und einer zylindrischen Irisblende für den Kondensor sowie einer weiteren, dezentrierbaren Irisblende zwischen Spiegel und Kondensor.

Das Stativ wird sowohl mit einem zentrierbaren Hartgummitisch zu 25.- Mark als auch mit einem zentrierbaren integrierten Kreuztisch zu 100.- Mark gelistet. Der Preis für ein Stativ Ia mit Beleuchtungsapparat und dem Hartgummitisch beläuft sich auf 325.- Mark, mit dem Kreuztisch auf 400.- Mark, ohne Okulare und Objektive und ohne Objektivrevolver.

Der im Katalog erwähnte und hier gezeigte Beleuchtungsapparat stellt eine weitere Neuerscheinung im Programm von Zeiss dar. Er wird im Dezember 1894 erstmals beschrieben (S. Czapski: Beleuchtungsapparat mit herausklappbarem Condensor und Iris-Cylinderblendung. Mittheilungen aus der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie XI (4), 1894: 433-440).

Beleuchtungsapparat. Abb. aus: S. Czapski: Beleuchtungsapparat mit herausklappbarem Condensor und Iris-Cylinderblendung. Mittheilungen aus der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie XI (4), 1894: 433-440Unter Mitwirkung des Physikers Siegfried Czapski (1861-1907), der bereits seit 1891 einen der drei Geschäftsführerposten bei Zeiss inne hält,  wird dieser neue Beleuchtungsapparat von Max Berger entwickelt, einem Konstrukteur bei Zeiss, der später auch durch den nach ihm benannten Feintrieb bekannt wird.

Czapski stellt in seinem zugehörigen Artikel den Stand der Technik dar:

Beleuchtungsapparat. Abb. aus: S. Czapski: Beleuchtungsapparat mit herausklappbarem Condensor und Iris-Cylinderblendung. Mittheilungen aus der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie XI (4), 1894: 433-440Die Einrichtungen, welche bisher für den schnellen Uebergang vom convergenten zum parallelen Licht, d. h. für ein schnelles, gänzliches oder theilweises Entfernen des Condensors am Mikroskop vorgeschlagen und getroffen sind, bedingen nun entweder - wie die sonst sehr vollkommene von R. Fuess - eine gänzlich veränderte, ad hoc getroffene Construction des Tisches und anderer Theile, oder sie haben - wie die von C. Reichert u. A. - den Nachtheil, dass die Beseitigung des Condensors nicht momentan, ohne weiteres geschehen kann, sondern erst der ganze Beleuchtungsapparat mittels seiner Zahn- und Triebvorrichtung nach unten bewegt werden muss; dann muss der Diaphragmenträger nach der einen, dann der Condensor nach der andern Seite geschlagen werden, und jetzt erst, nach abermaligem Zurückbewegen des Beleuchtungsapparates in seine ursprüngliche Lage wirkt derselbe als solcher ohne Condensor. Ebenso bei dem umgekehrten Wechsel. Da beim Arbeiten ohne Condensor meist Cylinderblendungen nöthig sind, so müssen auch diese noch irgenwie [sic!] eingesetzt werden. Bei all diesen Hantirungen geht nicht nur an sich Zeit verloren, sondern damit indirect und insbesondere auch die so werthvolle Möglichkeit, den Einfluss der vorgenommenen Aenderung in unmittelbarer Folge am Präparat zu beobachten.

Bezug nimmt Czapski hierbei auf die in der Büchse des Tisches untergebrachte und jederzeit bequem einschaltbare Kondensorlinse von Fuess bzw. auf den seitlich abfahrbaren Kondensor von Reichert. So heißt es weiter:

Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: BeleuchtungsapparatCarl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: BeleuchtungsapparatDie im Nachfolgenden zu beschreibende Einrichtung ist von den Nachtheilen beider Art frei. Sie erfordert nicht nur keine Umconstruction des übrigen Stativs, sondern lässt sich, wie schon erwähnt, sogar ohne weiteres, auch nachträglich, in das fertige Stativ einsetzen, und der Wechsel der Beleuchtungsarten geschieht zwar nicht so momentan wie bei Fuess, da ein Beiseiteschlagen des Diaphragraenträgers auch hier nöthig ist, aber die am meisten Zeit raubende Bewegung des Beleuchtungsapparats in der optischen Achse fällt hier fort, und die sonst an Stelle des Condensors einzuschaltende Cylinderblendung ist - in einer gegenüber den bis jetzt angewandten wesentlich verbesserten Form - am Apparat gleich mit vorgesehen und kann sofort nach Herausschlagen des Condensors in Function treten.
Bei den Stativen von C. Zeiss ist seit längerer Zeit das Beleuchtungssystem, der Condensor, in eine Hülse geschraubt, mittels deren es in eine entsprechende, am Beleuchtungsapparat fest angebrachte, federnde Schiebhülse eingesetzt werden kann. Cylinderblendungen und andere Nebenapparate werden mit gleichen Hülsen versehen - die sämmtlich nach Lehren gearbeitet werden - und können in gleicher Weise, auch nachträglich, bequem an jedem grösseren Stativ angebracht werden.
Es folgt die ausführliche Beschreibung des seitlich ausklappbaren Kondensors, der bei dieser Bewegung mit keinem anderen Teil des Beleuchtungsapparats in Konflikt kommt. Nachdem nun eine Lösung für die Entfernung des Kondensors gefunden ist, versucht man sich bei Zeiss auch an einem Ersatz für die Zylinderblenden:

Gegenwärtig werden nun fast allgemein den Mikroskopen je mehrere, gewöhnlich 3 Cylinderblendungen von geeignet abgestufter Grösse (0'5 bis 6 mm) beigegeben. In Folge dessen kann man nur sprungweise, und sogar in ziemlich grossen Absätzen, von der einen Grösse zur anderen übergehen - ganz ebenso, wie dies früher bei den Blenden unterhalb des Condensors der Fall war. Durch Beigabe einer grösseren Zahl von Cylinderblenden würde zwar der Sprung in der Grösse derselben vermindert, die Unbequemlichkeit im Gebrauche dieser kleinen, schwer unterzubringenden und darum leicht in Verlust gerathenden Nebenapparate jedoch nur noch vermehrt werden.

Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: Objektiv A Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: Objektiv DD Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285: Objektiv Homogene Immersion 1/12"
Es lag daher der Gedanke nahe, hier ganz ebenso wie bei den Blenden unterhalb des Condensors durch eine aus mehreren Lamellen zusammengesetzte Iriscylinderblende die Vielheit der Bestandtheile zu beseitigen und eine Blende von stetig variabler Oeffnung zu erzielen. Damit die Blende bis nahe unter das Präparat reiche, war nothwendig, gewölbte Lamellen Carl Zeiss Jena Mikroskop Nr. 28285 in Kastenanzuwenden, so dass die geschlossene Blende kuppelartig in die Höhe ragt (vergl. Figur 2). Ist dieselbe geöffnet, so lässt sie das Condensorsystem frei hindurch; ja sie kann sogar auch bei Anwesenheit desselben noch ein wenig zugezogen werden, ehe sie es berührt. Ist das Condensorsystem herausgeschlagen, so lässt sich die Iris bis zu einem Durchmesser von 0'5 mm zusammenziehen. Sie gewährt also in stetiger Folge alle denkbar wünschenswerthen Oeffnungen.

Der Preis dieses Apparats wird mit einem Kondensor von numerischer Apertur 1.20 zu 45 Mark, von n.A. 1.40 zu 50 Mark angeboten. Die Iriszylinderblende alleine wird zu 18 Mark verkauft, für kleine Stative beläuft sich der Preis auf 15 Mark.

Das hier gezeigte Mikroskop wird nach Auskunft des Archivs von Carl Zeiss Jena am 01.04.1897 hergestellt und mit den Objektiven A, DD und 1/12 sowie den Okularen Nr. 2 und Nr. 4 am 19.06.1897 an Max Thorey nach Jena geliefert. Es handelt sich hier höchstwahrscheinlich um den Augenarzt Max Thorey, der 1903 bei Wilhem Schoen in der Ophtalmologie mit der Schrift Augenuntersuchungen bei Epiletischen promoviert, sich bald darauf in Leipzig niederlässt und zu Beginn der Zweiten Weltkriegs in Wurzen tätig ist.

Im Januar 2010 kann dieses Mikroskop von einem emeritierten Biologieprofessor der Universität Bremen für die Sammlung erworben werden.

(Daten mit freundlicher Unterstützung von Dr. Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 15.01.2010)


28.07.2010 by Timo Mappes

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