Zeiss Mikroskop; Stativ IIIb von 1871. Mikroskop aus
zaponiertem sowie brüniertem Messing und gebläutem Stahl. Das
Instrument verfügt über einen Schiebetubus zur groben Fokussierung
und ein Rändelrad für die Feineinstellung an der Säule. Die
Beleuchtung erfolgt mittels kipp-, dreh- und schwenkbarem Plan- und
Konkavspiegel. Die Blendung erfolgt über eine Revolverlochblendenscheibe,
deren gewölbte Form ermöglicht einen denkbar geringen
Abstand der Aperturblende zum Objekt und ist ein typisches Merkmal der ersten
zusammengesetzten Mikroskope von Carl Zeiss Jena.
An optischer Ausrüstung verfügt das Mikroskop über die beiden Objektive A und C sowie eines der ersten nummerierten Objektive D Nr. 17. Untergebracht werden die Objektive in einer Lederschatulle. An Okularen verfügt das Mikroskop über die Nummern 1, 2, 3 und 4. Der Ausschnitt einer gedruckten Vergrösserungtabelle von Zeiss liegt dem Mikroskop bei, sowie eine um genau berechnete Werte ergänzte handschriftliche Tabelle.
Auf der Tischplatte ist das Mikroskop mit Schlagbuchstaben signiert:
Der Seite 100 des Auslieferungsbuchs der Firma Carl Zeiss Jena ist zu entnehmen, dass dieses Stativ IIIb als 774. zusammengesetztes Mikroskop fertiggestellt und am 5. Juli 1871 an Prof. Mühlberg in Arau ausgeliefert wird - mit der hier gezeigten optischen Ausstattung, welche zusätzlich um ein Objektiv A ergänzt wurde.
Im Zeiss-Katalog No. 18. 1871 Mikroskope und Nebenapparate von Carl Zeiss in Jena. erscheint dieses Stativ wie folgt: |
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Der schon in seiner Zeit oft als Referenz herangezogene Leopold Dippel
schreibt über dieses Stativ von Zeiss 1867 (Leopold Dippel: Das Mikroskop
und seine Anwendung; Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn; Braunschweig
1867):
Die Stative III b. (Fig. 123) und III c. gehören in die Classe der
kleinen Stative, und es unterscheiden sich beide wesentlich nur dadurch von
einander, dass bei dem letzteren der Tisch drehbar ist. Der Fuss, bei dem
ersteren von Hufeisenform, bei dem letzteren viereckig und schwer, trägt
die Rundsäule, an welcher der quadratische feststehende Objecttisch
von 50mm Seite, sowie der Arm mit der federnden Hülse, in
der sich das Rohr zur groben Einstellung verschieben lässt, befestigt
sind. Siegeleinrichtung und Blendungsvorrichtung gleichen der bei Nr. I
beschriebenen.
Die feine Einstellung wird mittelst Mikrometerbewegung der
Tubussäule bewerkstelligt. Mit den Objectivsystemen A, C, D und F, den
Ocularen 1, 2, 3 und 4, Camera lucida, Deckglastaster und Ocularmikrometer
ausgestattet, kosten diese Mikroskope 91 Thlr. resp. 104 Thlr., mit den Systemen
A und D und den Ocularen 2, 3 und 4 45 Thlr. und resp. 53 Thlr. [ ] Alle Stative sind in ihrer Ausführung vortrefflich, und es hat Zeiss durch den feststehenden, räumlichen Objecttisch, namentlich aber durch die feine Einstellung an der Tubussäule, eine wesentliche Vervollkommnung der kleinen und kleinsten Stative herbeigeführt, welche allgemeine Nacheiferung verdient. Man kann bei dieser Einrichtung selbst mit den kleineren Stativen die stärksten Objectivsysteme verbinden, ohne dass das optische Vermögen beeinträchtigt wird. Da man ausserdem verschiedene Combinationen von Objectivsystemen und Ocularen wählen kann, so hat man in Bezug auf den Kostenpunkt einen möglichst freien Spielraum. Einige Jahre später berichtet der Anatomen Prof. Friedrich Merkel (1845-1919) vom Einsatz eben des hier gezeigten Stativtyps für seine Kurse an der Universität Rostock (Friedrich Merkel: Das Mikroskop und seine Anwendung. Druck und Verlag von R. Oldenbourg, München 1875: 133): Die zweite Fabrik, welche erwähnt werden muss, ist die von Zeiss in Jena. Schon früher hatte sich dieselbe durch ihre vorzüglichen einfachen Mikroskope bekannt gemacht, um sich in späterer Zeit auch auf dem Felde des zusammengesetzten Mikroskopes zu exhibiren. Von Jahr zu Jahr hat sich der unermüdliche Vorstand des Geschäftes mehr und mehr vervollkommnet und liefert jetzt Instrumente, welche man in jeder Hinsicht ausgezeichnet nennen darf. Er führt in seinem Verzeichniß nun sieben verschiedene Stative mit vortrefflichen Systemen auf. Mit einigen kleineren Instrumenten von ihm (Stativ III b Fig. 61) arbeiten seit mehreren Jahren Anfänger unter meiner Aufsicht, und es werden diese Instrumente von denselben ihres schönen Lichtes, ihrer klaren Bilder und bequemen Handhabung wegen fast allen anderen vorgezogen. |
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Bei dem ursprünglichen Besitzer des Mikroskops handelt
es sich um den Geologen Friedrich Mühlberg (1840-1915), welcher ab 1859
in Zürich Botanik,
Geologie und Chemie studierte und dort 1861 das Diplom in Chemie
ablegte. 1866-1911 war er Lehrer an der Kantonsschule Aarau. Mühlberg
bemühte sich stets um die praktische Anwendung der Naturwissenschaften
und gilt als früher Naturschützer. 1888 verlieh im die
Universität Basel den Ehrendoktortitel.
Fiedrich Mühlberg war von 1895 bis 1896 an der Gewerbeschule der Aargau Kantonsschule der Lehrer des jungen Albert Einstein (1879-1955) in den Fächern Mineralogie, Vorbegriffe der Geologie sowie Physikalische Geographie. Einstein schrieb in seinem Todesjahr im Rückblick über diese Zeit: Während dieses Jahres in Aarau kam mir die Frage: Wenn man einer Lichtwelle mit Lichtgeschwindigkeit nachläuft, so würde man ein zeitunabhängiges Wellenfeld vor sich haben. So etwas scheint es aber doch nicht zu geben! Dies war das erste kindliche Gedanken-Experiment, das mit der speziellen Relativitätstheorie zu tun hat. |
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In wie
weit der Naturkundelehrer Einfluß auf den weiteren Lebensweg seines
später so berühmten Schülers nahm, ist nicht belegt. Als gesichert
gilt aber, dass Albert Einstein diesen Lehrer allen anderen vorzog und
ihn, so möglich, gesondert grüßen ließ. Albert Einstein
übersandte ihm seine erste Publikation (Albert Einstein: Folgerungen
aus dem Kappilaritätserscheinungen. Annalen der Physik 4
(1901): 513-523) mit der Widmung:
In dankbarer Erinnerung gedenke ich noch des Versprechens, das Sie mir damals abnahmen & schicke Ihnen meine erste Publikation. Dieses Mikroskop kann im Juni 2008 in Zofingen/Schweiz erworben werden, nach Auskunft des Auktionators stammt es aus einem privaten Nachlaß aus dem Engadin. |
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[Vergleiche: Referenz 2, 25, 54, 62, 70, 136 sowie Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau: Mikroskop signiert "Carl Zeiss, Jena. No. 6467", Inventurnummer PM 008190 (MIM 179); Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: "Zusammengesetztes Mikroskop um 1890 / Signatur: Carl Zeiss, Jena, 2019, 2090", Museal-Nr. 25.765 (falsch datiert, das Mikroskop stammt aus dem Jahr 1874)] |
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