Oberhäuser Mikroskop: Kleine Trommel; Stativ I um 1840. Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem, geschwärztem und grün lackiertem Messing. Dies ist das kleinste von Oberhäuser angebotene Mikroskop "microscope pour hospices", es ist ausgeführt als Trommelstativ mit einem konkaven Spiegel, grober Einstellung durch Schiebetubus und Feinfokus über eine seitliche Rändelschraube am Tisch. | |||
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Dieses Mikroskop kann im Januar 2007 aus den
Niederlanden für diese Sammlung erworben werden.
Der am 16. Juli 1798 als Sohn eines bayrischen Drechslermeisters in Ansbach (Mittelfranken) geborene Johann Georg Oberhäuser besucht das Gymnasium und will den Ingenieurberuf ergreifen. Durch den frühen Tod seines Vaters wird er jedoch gezwungen, 1812 als Mechanikerlehrling bei dem Universitätsmechaniker du Mouceau in Würzburg einzutreten. Nach drei Jahren stirbt sein Lehrherr und Oberhäuser begibt sich als Mechanikergehilfe im Frühjahr 1816 nach Paris. Dort gelingt es ihm, mit tüchtigen Fachleuten in Kontakt zu treten und so kann er sich schon 1830 mit Trécourt und Bouquet selbständig machen. Schon bald trennt sich Oberhäuser jedoch wieder von seinen Kompagnons. Feldstecher und Mikroskope werden die Haupterzeugnisse. Zunächst verbessert er das aus dem 18. Jahrhundert stammende Trommelstativ ab 1835, wobei er es unter anderem im Innern des Fußes mit Blei beschwert. Das Schutzrecht auf ein ein "microscope achromatique vertical à miroir fixe avec platine à tourbillon" wird Georges Oberhaeuser zusammen mit Achille Trécourt [Trecourt] im Oktober 1837 erteilt. Oberhäusers Werkstatt gelangt schnell zu einem guten Ruf durch günstige und solide Instrumente mit ausgezeichneten achromatischen Objektiven. Der Berliner Botaniker Hermann Schacht (Das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen-Anatomie und Physiologie; Verlag von G.W.F. Müller; Berlin 1851) zum Beispiel lobt Mikroskope aus Oberhäusers Werkstatt sehr: Ich habe [ ] mindestens 30 Mikroskope verschiedener Grössen, von Oberhäuser angefertigt, unter den Händen gehabt, ich habe Jahre lang, erst mit einem kleinen, darauf mit einem mittleren Instrumente Oberhäusers gearbeitet, und deren Bilder sehr häufig, sowohl mit verschiedenen Mikroskopen von Schiek und Plössl, als auch mit Instrumenten von Norbert verglichen; dieser Vergleich entschied fast immer zu Gunsten Oberhäuser's; ich habe kein schlechtes Instrument aus dieser Werkstatt gesehen; mit der Grösse der Mikroskope und mit dem Preis derselben steigt jedoch, wie natürlich, auch die Güte der Objective. Warum dieses kleine Mikroskopstativ ab den 1840ern eine so große Verbreitung findet, beschreibt der Medizinprofessor Julius Vogel als Direktor des pathologischen Instituts in Halle 1865 sehr bezeichnend (Aerztliche Untersuchungsmethoden und Apparate. Mikroskope für Aerzte und Studirende; Archiv des Vereins für wissenschaftliche Heilkunde 1 (neue Folge), 1864; Ludwig Denicke; Leipzig 1865: 81-84):
Beim jetzigen Stand der Medicin sollte eigentlich jeder Arzt ein Mikroskop
besitzen, jeder Studirende der Medicin sich ein solches anschaffen, und mit
dessen Gebrauch vertraut machen. [
] Besitzt er kein Mikroskop,
so ist er in alle solchen Fällen, wie sie ihm täglich in seiner
Praxis vorkommen können, vollkommen rathlos. Es bleibt ihm nichts
übrig, wenn er gewissenhaft sein will, als einen Collegen zu Rathe zu
ziehen, der ein Mikroskop besitzt und mit dessen Gebrauch vertraut ist.
1848 führt Oberhäuser das Hufeisenstativ ein, welches von allen führenden Herstellern übernommen wird und fast 100 Jahre im Gebrauch bleibt. Ferner standardisiert Oberhäuser die Tubuslänge auf 160 mm auf Veranlassung der damaligen Anatomen. So bleibt das Mikroskop ausreichend klein, um feuchte Objekte vertikal betrachten zu können, was mit den damaligen britischen Instrumenten nur schwer möglich ist. Dabei konstruiert Oberhäuser seine Mikroskope so einfach wie möglich, unter Verzicht auf technische Verfeinerungen, wiederum ganz im Gegensatz zu englischen Instrumenten. So erfolgt die Grobeinstellung durch Verschieben des Tubus mit der Hand, während nur zum Feinfokus eine Mikrometerschraube vorhanden ist. Diese einfache Bedienung ermöglicht es den Forschern, sich ganz auf ihre mikroskopische Arbeit zu konzentrieren. So erfreuen sich Mikroskope aus Oberhäusers Werkstätte sowohl auf Grund ihrer hervorragenden Objektive als auch der praktischen und relativ preiswürdigen Hufeisenstative großer Beliebtheit. Die "kleine Trommel" findet weite Verbreitung. In den Jahren 1831 bis 1856 gehen 3000 Mikroskope aus Oberhäusers Werkstatt hervor. Oberhäuser nimmt 1854 seinen Mitarbeiter Edmund Hartnack als Teilhaber auf. Dieser heiratet die Nichte Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat. Den Kontakt zu seiner Geburtsstadt läßt Oberhäuser nie abbrechen, in späteren Jahren setzt er eine Stiftung zur "Linderung der Armut und Förderung industrieller Zwecke" in Ansbach aus. So wird ihm 1852 das Ehrenbürgerrecht der Stadt verliehen, deren Museen er mehrfach mit Schenkungen bedenkt. Oberhäuser verstirbt am 10. Januar 1868 in Paris. [Vergleiche Referenz 1, 2, 47, 56, 83 sowie für das etwas größere Stativ II: Deutsches Museum München: "'Trommel-Mikroskop', signiert: G. Oberhaeuser, Paris Place Dauphine, Paris Nr. 2295", Inv.-Nr. 14460; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: "Zusammengesetztes Mikroskop, Trommelmikroskop um 1845 / Signatur: Georges Oberhaeuser, Place Dauphine, 19, Paris", Seriennummer 1440, Museal-Nr. 24.978; Museum Boerhaave, NL: "Compound microscope with box; Oberhaeuser et E. Hartnack, G..; Parijs", Inventory number V07441; Sammlung der Royal Microscopical Society: "Compound Microscope, signed: 'Georges Oberhaeuser, Place Dauphine 19, Paris'", Inventory No. 29:A97; Sammlung des Royal Museum Edinburgh, Schottland: Microscope, signed: 'Georges Oberhaeuser / Place Dauphine 19 / Paris', Inventory No. 1979.85-84 (ehemals Teil der Arthur Frank Collection; Anmerkung des Verfassers); Museum of the History of Science Oxford: "Brass Drum Microscope", signed: "Georges Oberhaeuser, Place Dauphine 19, Paris", Inventory No. 10028] |
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