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Kleines Merz Mikroskop um 1862. Das Instrument ist komplett aus
zaponiertem, sowie schwarz und braun gebeiztem Messing, gebläutem und
schwarz lackiertem Stahl gefertigt. Zur Beleuchtung dient ein großer
Plan- und Konkavspiegel, der in seiner Höhe verstellt, sowie für
schiefe Beleuchtung aus der Achse bewegt werden kann.
![]() Die Grobeinstellung erfolgt über eine Schiebehülse, der Feinfokus wird mit Hilfe eines Rändelrads hinten unter der dreieckigen Säule bedient. Der braun gebeizte Messingfuß verfügt an der Unterseite über fünf kleine eingelassene Lederpolster, die zur gegenseitige Schonung von Instrument und Tischoberfläche dienen. Dem Benutzer zugewandt befindet sich am Tubus eine kleine Bohrung für das Entweichen der Luft aus dem solchen beim Einsetzen des Okulars. Das Instrument ist ausgestattet mit den Objektiven 1/3" und 1/12" sowie den Okularen 1, 11/2, 2 und 3. |
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Auf dem Tubus befindet sich die dekorative Signatur, noch ohne Seriennummer:
G. & S. Merz Schön ausgeführt ist der kasettierte Holzkasten, in dem das Instrument ähnlich platzsparend einem Reisemikroskop verstaut wird. In diesem Kasten werden der Tubus und drei Okulare in einem, die Objektive und Objektträger sowie das vierte Okular in einem anderen hölzernen Schieber seitlich untergebracht. Das eigentliche Mikroskopstativ wird durch eine weitere, teilweise samtbezogene Holzplatte im Kasten fixiert. An den Seiten des Kastens sind Reste des Lederriemens erhalten, welcher um den Kasten ursprünglich als Tragegriff angebracht war. Der leicht veränderte Nachfolger dieses Stativs erscheint in der Preisliste "G. & S. Merz, vormals Utzschneider & Fraunhofer, in München" aus dem Jahre 1866 als: |
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Mikroskop No.4 mit Stativ No.2, vertical und horizontal feststehender
Tisch, grobe und feine Bewegung am Tubus, Beleuchtung in und ausser der Axe,
Doppelspiegel, ohne Lupe für opace Gegenstände. |
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a.m. Im November 2008 kann dieses Instrument für die Sammlung angekauft werden. Der Verkäufer teilt mit, dass dieses Gerät seit mindestens 1925 im Besitz von Dr.med. Johann Ludwig Clauss, einem Psychotherapeuten aus Weil am Rhein ist und später in den Besitzer seiner Schwester Emilie Clauss wechselt. Der am 26. Januar 1793 in Bichl bei Benediktbeuren geborene Georg Merz besucht zunächst die Schule im benachbarten Stift und hilft seinem Vater, einem Leinweber, auf dem Felde in der Landwirtschaft. Als Utzschneider in Benediktbeuren eine Fabrik zur Herstellung von Flint- und Crownglas für sein optisches Institut errichtet, tritt Merz dort 1808 als Arbeiter ein. Angeregt von einem der Padres des mittlerweile säkularisierten Klosters studiert Merz in seiner freien Zeit mit großem Eifer Mathematik und Optik. Joseph von Fraunhofer erkennt die außerordentliche Begabung des jungen Arbeiters und ernennt ihn zum Werkführer. Mit dem Tode Fraunhofers übernimmt Merz 1826 die Geschäftsleitung und wird zum Direktor der optischen Abteilung. Zusammen mit dem Mechaniker Franz Joseph Mahler wird er 1830 Teilhaber und 1839 Eigentümer des Instituts. Nach dem Tode Mahlers 1845 führt Georg Merz das Institut weiter unter Mitarbeit seiner Söhne Sigmund (1824 - 1908) und Ludwig (1817 - 1858). Das Institut wird nach München verlegt und die Signatur lautete "G. Merz & Söhne in München".
Ludwig Merz stirbt 1858 mit 41 Jahren an Bleivergiftung, die er sich bei der Flintglasherstellung in Benediktbeuren zuzieht. Danach firmiert das Institut mit: "G. & S. Merz in München". 1865 erreichen Mikroskope von Merz zusammen mit Instrumenten von Hartnack ein in jener Zeit unübertroffenes Auflösungsvermögen. Georg Merz stirbt am 12. Januar 1867.
Da es unter Fraunhofers Federführung in Bediktbeuren und München gelungen ist, achromatische Linsenkombinationen zu erstellen, erlangt das Unternehmen rasch Weltrang. Das Wissen bleibt in der Firma und unter Merz führt sie noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Bau großer Refraktoren für die Sternwarten Europas. Mikroskope sind, wie schon unter Fraunhofers Leitung, von eher untergeordneter Bedeutung und daher recht selten. Das optische Glas wird stets nur für den Bedarf der Werkstätte in der eigenen Glashütte geschmolzen und nicht als Rohstoff an andere Firmen verkauft. [Vergleiche Referenz 1, 2, 9, 12, 13, 14, 15, 17, 25, 56, 64, 73, 88 sowie: Mikroskopsammlung des Medizinhistorischen Instituts der Universität Bern: Mikroskop "G. & S. Merz in München No. 846", Inv.-Nr. 2007 und mit leicht modifiziertem Stativ und Kasten ebenda Mikroskop "G. & S. Merz in München No. 1051", Inv.-Nr. 2043; Medizinhistorische Sammlung der Universität Zürich: Mikroskop "G. & S. Merz in München No. 948"; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: "Zusammengesetztes Mikroskop um 1860 / Signatur: G. & S. Merz in München", Museal-Nr. 25.190; Instituto e Museo di Storia della Scienza, Firenze (Florenz): "Microscopio composto" G. & S. Merz in München No 784, c. 1870, Inventario corrente: 3327 sowie "Microscopio composto" G. & S. Merz in München No 752, Inventario corrente: 3266] |
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