Einfaches Mikroskop für petrografische Untersuchungen; Stativ IVa von R. Fuess Berlin um 1900. Das gut erhaltene Mikroskop besteht aus zaponiertem und geschwärztem und vernickeltem Messing bzw. lackiertem Eisen und gebläutem Stahl. Neben einem Grob- und Feintrieb verfügt das Instrument über einen Tubus fester Länge in dessen Strahlengang ein Nicol'sches Prisma ein- und ausgeschaltet werden kann.
Die Beleuchtung erfolgt über einen dreh- und schwenkbaren
Hohl- und Planspiegel; der Polarisator mit aufschraubbarer Kondensorlinse
kann über einen Hebelmechanismus gehoben und gesenkt werden.
Originell ist an diesem Instrument die Ausführung des drehbaren Objekttisches mit Teilung zu Inkrementen von 1° als Hohlzylinder. Über einen seitlichen Schwenkarm kann im Innern dieses Zylinders eine Aufnahme für eine zweite Kondensorlinse zur Einbringung in den Strahlengang bedient werden. Jene Linse liegt lose in dieser ringförmigen Aufnahme und wird Bedarf selbstzentrierend durch den Polarisator angehoben.
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Die
glatte Seriennummer und Signatur ist auf der Tischplatte schlicht mehrzeilig
graviert:
R.Fuess An optischer Ausstattung verfügt dieses Instrument über die Objektive Nr.0, Nr.4 und Nr.7 sowie die Okulare Nr.2 und Nr.3, ferner ist dem Instrument ein Okular Nr.C mit Caleron'scher Doppelplatte für stauroskopische Untersuchungen beigegeben.
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Dieses Stativ wird in der Liste No. 44 (R. Fuess mechanisch-optische Werkstätten Steglitz bei Berlin Abteilung I.) im Jahre 1899 erstmal vorgestellt. Im Katalog Optische Instrumente (R. Fuess mechanisch-optische Werkstätten Steglitz bei Berlin Abteilung I.; Liste No. 38 [III. Auflage]; Steglitz) von 1907 wird dieses Mikroskop mit dem oben gezeigten Tisch angeboten, aber noch mit einem einfachereren Objekttisch abgebildet: | ||||||||||||
1. Neues einfaches Mikroskop (Modell IVa) für
petrographische Studien. (Figur 1.) Festes, nicht umlegbares Stativ.
Grobe und feine Einstellung des Tubus. Drehbarer, in Grade geteilter großer
Objekttisch, Nonius 5' angebend. Polarisator orientiert mittels Hebelwerkes
in der Richtung der optischen Axe verschiebbar. Aus- bezw. Einschaltvorrichtung
für konvergentes und paralleles Licht. Centriervorrichtung am Tubus
für die Objektive. Zangenwechsler für die Objektive (Mk. 15,- inkl.
3 Anschlußstücken). Aus- und einschaltbarer Analysator am Tubus.
Gypsplättchen Rot I.Ord. Mk 5,-, 1/4 Und. Glimmer
Mk. 4,-. Polierter Schrank.
Preis ohne Objektive und Okulare ... 220,- Mk. |
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Zweckentsprechende optische Ausrüstung: | ||||||||||||
a) |
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Quarzkeil 1.-3. Ord. (Mk. 16,-) ... 110,- Mk. | ||||||||||||
b) | Aufsetzbarer Analysator und Calderon'sches Okular für Zirkularpolarisation und für stauroskopische Bestimmungen ... 50,- Mk. | |||||||||||
Der Aufsatzanalysator (25,- Mk.) und der Quarzkeil fehlen in
der hier gezeigten Ausstattung, das Instrument kostet in dieser Form daher
1907 insgesamt 339,- Mark.
Im Katalog von 1909 erscheint das Stativ noch, wird aber bereits vor Erscheinen der neuen Liste 1914 laut einer Beilage zum Katalog 1909 abgelöst von Stativ IVc. |
Heinrich Ludwig Rudolf Fuess (1838 - 1917) wird in Moringen geboren.
Er geht 1853-57 beim Mechanicus Hermann Pfaff in Göttingen in die Lehre.
In dieser Zeit besucht er an der dortigen Universität Vorlesungen zur
Mathematik und hört Physik bei Wilhelm Eduard Weber (1804 - 1891)
sowie Optik bei Johann Benedict Listing (1808 - 1882). Als Geselle arbeitet
Fuess bei Hugo Schröder (1834-1902) in Hamburg und später beim
Nivellierhersteller R. Löhmann in Berlin.
Am 01.04.1865 gründet Rudolf Fuess seine Firma mit Räumlichkeiten in der Mauerstraße 84 in Berlin-Mitte. Bereits in der Preisliste von 1865 werden drei verschiedene Mikroskopstative, drei Objektive und zwei Okulare (Vergrößerungen von 60- bis 300-fach linear) angeboten. Das junge Unternehmen zieht 1870 nach Kreuzberg in die Wasserthorstraße 46. Hier wird nach Angaben von Paul Groth (1843-1927) der erste "krystallographisch-optische Universalapparat" gebaut, dieser junge Mineraloge hatte an der Universität Berlin 1868 promoviert und sich dort 1870 habilitiert. Anfangs werden in der Fuess'schen Werkstatt in der Wasserthorstraße Gesteinsdünnschliffe von eingesandten Proben angefertigt. In Zusammenarbeit mit dem 1868 an die Berliner Universität berufenen Justus Roth (1818-1892) werden kurz darauf erste systematische Dünnschliffsammlungen angeboten. Die Firma wächst weiter und zieht bereits 1873 in die Alte-Jakobstraße 108. Im Jahre 1875 wird die Firma J.G. Greiner & Geißler von R. Fuess übernommen. Ab Anfang der 1870er bezieht das Unternehmen die Optiken der Mikroskope von Eduard Hartnack. In der Fachwelt der Zeit wird dies positiv hervorgehoben, da sich Fuess so einzig auf die durchdachte mechanische Ausführung der Mikroskope konzentrieren kann. Die rasch wachsende Firma übersiedelt 1892 nach Berlin-Steglitz und wird für die aus der Firma hervorgehenden Polarisationsmikroskope weithin gelobt; erst 1927 werden Mikroskope für biomedizinische Zwecke in das Fertigungsprogramm aufgenommen. Erst ab Ende der 1870er werden die Mikroskope der Firma durchgehend signiert und nummeriert. Im Jahre 1898 wird das Mikroskop mit der Seriennummer 700 verkauft. Bis 1920 werden insgesamt nur 4000 Polarisationsmikroskope von Fuess gebaut. Ursprüngliche wird dieses Instrument von Cesar Díez Hurtado de Mendoza, Professor an der Universität von Ciudad Real eingesetzt. Jener ist von 1934 bis 1936 darüber hinaus Direktor der Schule Nuestra Señora del Prado des Ordens der Marianistas, an der er Chemie lehrt. Politisch hat er das Amt des nationalen Vertreters für Statistik inne. Cesar Díez Hurtado de Mendoza wird als Angehöriger der Oberschicht und Mitglied der Nationalisten unter Franco am 20. Oktober 1936 in den Wirren des spanischen Bürgerkrieges von den Republikanern hingerichtet. Im Sommer 2003 wird das Mikroskop schließlich von seinem Enkel aus Murcia an diese Sammlung verkauft. |
[Vergleiche Referenz 2, 29, 37, 39, 47, 58, 87, 88, 92, 93, 94, 136]
[Vergleiche: Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: "Zusammengesetztes Mikroskop um 1890 / Signatur: R. Fuess, Berlin-Steglitz", Museal-Nr. 30.667]
(Erwerb durch freundschaftliche Unterstützung von Rolf Schreiber, München)
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