Engelbert in Wetzlar: Frühes Mikroskop


Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar

Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar mit Kasten

Mittleres Mikroskop von Louis Engelbert. Das Stativ um 1867 besteht aus lackiertem und geschwärztem Messing sowie gebläutem Stahl. Die grobe Einstellung erfolgt über einen Schiebetubus. Wie bei den ersten Stativen von Kellner üblich, ist die Rändelschraube für den Feintrieb unter dem Tisch angebracht, um bequem mit liegender Hand bedient werden zu können. Diese Führung an einer prismatischen Säule kann mit einer gegen eine Blattfeder wirkende Schraube bei Bedarf nachgestellt werden um eventuellen Abrieb durch langjährige Benutzung zu kompensieren.

Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar: Kompensationsschraube des FeintriebsMikroskop L. Engelbert in Wetzlar: FeintriebDie Beleuchtung erfolgt über einen konkaven Spiegel, der für schiefe Beleuchtung aus der optischen Achse bewegt werden kann und über ein Messingfederblech verfügt. Das unter der Tischplatte befestigte Revolverlochblendenrad besitzt sechs runde Aperturen sowie einen kleinen eingeschraubten Dunkelfeldkondensor für die Verwendung des schwach vergrößernden Objektivs im Dunkelfeld. Diese Bauart der Integration eines Dunkelfeldkodensors in einen Lochblendenrevolver ist bei Mikroskopen aus deutschen Werkstätten nur von den Herstellern Engelbert beziehungsweise Engelbert & Hensoldt bekannt. Wie auch bei den frühen Mikroskopen aus dem Optischen Institut in Wetzlar, ist der Tisch nicht für Objektklemmen vorgesehen.

Das Mikroskop besitzt keine Seriennummer. Es wird mit abgenommenem Tubus liegend im Kasten untergebracht. Das Mikroskop ist den Bohrungen im Kasten nach in der optischen Ausstattung vollständig erhalten. Zu finden sind die Nr.1, Nr.2 und Nr.3 sowie den Objektiven Nr.1, Nr.3 und Nr.5.

L. Engelbert in Wetzlar, Objektiv No. 1 L. Engelbert in Wetzlar, Objektiv No. 1 L. Engelbert in Wetzlar, Objektiv No. 3 L. Engelbert in Wetzlar, Objektiv No. 3
L. Engelbert in Wetzlar, Objektiv No. 5 L. Engelbert in Wetzlar, Objektiv No. 5 L. Engelbert in Wetzlar, OkulareDem Benutzer zugewandt ist das Instrument auf dem Tubusträger in kleinen Buchstaben schlicht signiert:

L. Engelbert
in Wetzlar.

Sehr ungewöhnlich ist die Signatur dieses Mikroskops - bisher ist kein weiteres Stativ mit diesem Namenszug bekannt.

In der Literatur der Zeit tauchen Louis Engelbert und Moritz Hensoldt bis 1887 stets gemeinsam auf. Nach der Gründung ihrer gemeinsamen Firma in Braunfels 1861 wird der dortige Standort bereits 1865 aufgelöst und es wird bisher davon ausgegangen, beide seien sofort gemeinsam nach Wetzlar übergesiedelt.

Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar: SignaturIm Verzeichnis der Stadt Wetzlar taucht 1865 der Optiker Engelbert auf, doch erst 1867 ebenso Hensoldt. Beide wirken in getrennten Werkstätten, signieren die Mikroskope aber konform mit Engelbert u. Hensoldt und setzen die begonnenen Nummerierung aus Braunfels weiter fort, wie an Hand von zwei Instrumenten belegt werden kann: Im pharmaziehistorischen Museum Basel steht ein Mikroskop, welches den frühen Modellen aus Braunfels gleicht und signiert ist mit Engelbert u. Hensoldt / Wetzlar. / 325., im Spätjahr 2005 taucht bei einer Auktion des Dorotheum in Wien ein Instrument auf, das baugleich mit dem Basler Mikroskop ausgeführt ist und die Signatur Engelbert u. Hensoldt. / Wetzlar. / 261. trägt.

Die Objektive Nr. 0 und Nr. 3 dieses Geräts sind in der äußeren Erscheinung baugleich mit den Objektiven Nr. 1 und Nr. 3 des hier gezeigten Instruments.

In einer privaten Sammlung existiert ein weiters Mikroskop, dem hier gezeigten auch im Dunkelfeldkondensor ähnelnd, jedoch mit Feintrieb nach Roberval und einer bereits moderner ausgeführten Spiegelaufhängung ohne Messingfederblech. Es trägt die Signatur Engelbert u. Hensoldt / Wetzlar / No. 512. Dieses Gerät ist nach Katalogen der Firma eindeutig auf vor 1875 zu datieren und wird dem Jahr 1872 zugeordnet. Ferner ist in einer weiteren Privatsammlung ein Mikroskop mit einer zu dem hier gezeigten Instrument identischen Signatur in Form der eingeschlagenen kleinen Bezeichnung L. Engelbert / Wetzlar erhalten, welches eine Kopie des frühen Stativs nach der Vorlage Kellners darstellt.

Es liegt ein Preisverzeichnis der Firma Engelbert & Hensoldt aus dem März 1866 vor (Herman Hager: Das Mikroskop und seine Anwendung. Springer, Berlin 1866: Anhang nach Seite 74).

Dieser Hintergrund legt folgende Vermutung nahe: Das hier gezeigte Mikroskop stammt aus dem Zeitraum 1865 - 1866. Engelbert beginnt unmittelbar mit seiner Rückkehr nach Wetzlar 1865 weiter Mikroskope zu bauen, signiert diese nur mit seinem Namen und verzichtet auf eine Seriennummer.

Mikroskop L. Engelbert in Wetzlar: Blendenrad mit DunkelfeldkondensorMikroskop L. Engelbert in Wetzlar im KastenErst mit dem Eintreffen Hensoldts 1866 wird der bereits bei den Kunden aus der Wissenschaft und Medizin bekannte Firmenname Engelbert & Hensoldt wieder aufgegriffen und auch die Nummerierung aus Braunfels weitergeführt.

Im Oktober 2005 kann das Mikroskop für die Sammlung erworben werden.

[Vergleiche: Sammlung des Medizinhistorischen Instituts der Universität Bern: Mikroskop "Engelbert u. Hensoldt. Braunfels. 97.", Inv.-Nr. 2012  - nach Referenz 101 das älteste bekannte erhaltene Mikroskop des Herstellers bis zum Jahre 2001; bei jenem Mikroskop wurde jedoch von Leitz der originale Tubus und die Optik später ergänzt (Anmerkung des Verfassers); Sammlung des Pharmaziehistorischen Museum Basel: Mikroskop "Engelbert u. Hensoldt. Wetzlar. 325.", Inv.-Nr. M 421]

(Referenz 4, 34, 53, 94, 95, 97, 101)



21.11.2005 by Timo Mappes

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