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Mittleres Belthle Mikroskop; Stativ 2 von 1864. Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und geschwärztem Messing, schwarz lackiertem Eisen und gebläutem Stahl. Der grobe Fokus des Instrumentes wird durch einen Trieb erzielt, welcher auf eine Zahnstange wirkt, die direkt in die Prismenführung des Feintriebs eingelassen ist. Die Feineinstellung erfolgt über eine Rändelrad, welches im Innern der Prismenstange gegen eine Feder arbeitet. Die ergonomische Bedienung des Rändelrads erfolgt sehr bequem mit der Hand neben dem Mikroskop auf der dem Tisch liegend. | ||||||||||||||||||||||||||||||
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Auf dem Tubusträger befindet sich die eingeschlagene Signatur: Nachfolger Fr. Belthle in Wetzlar. No 576. Wie alle Stative von Carl Kellner verfügt dieses Mikroskop über eine Kompensationsschraube zur Nachstellung der Ganggenauigkeit der Feineinstellung. Bei deutschen Mikroskopen ist diese sehr zweckmäßige mechanische Besonderheit in den späten 1850ern bis zum Ende der 1860er vor allem bei den Mikroskopen aus dem Umfeld von Carl Kellner und Moritz Hensoldt zu finden. Ausgestattet ist das Instrument mit dem vollständigen Satz der zur Produktionszeit angebotenen Objektive des Unternehmens: Fr. Belthle 0, Fr. Belthle 1, Fr. Belthle 2, Fr. Belthle 3, und Fr. Belthle 4 sowie den Okularen I und III. |
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Das Mikroskop wird liegend im Holzkasten untergebracht.
Für die mittleren Mikroskope wird diese Vorrichtung durch eine Diaphragmenscheibe ersetzt, welche sechs verschieden weite runde and eine länglich vierseitige Oeffnung besitzt. Dieses Stativ ist sehr zweckmassig, dauerhaft and schön gebaut. Es besitzt einen festen Stand und ist in seinen Dimensionen höchst bequem zum Arbeiten, indem die Höhe des Objecttisches von dem Arbeitstische nur 115mm, die Höhe des ganzen Instrumentes nur 320 bis 325mm beträgt. |
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![]() Nächst dem grossen Oberhäuser'schen Hufeisenstative und dessen Nachbildungen wüsste ich dem grossen Kellner'schen kaum ein anderes an die Seite zu stellen, welches bei gleicher Einfachhit in dem ganzen Baue allen Anforderungen in gleichem Maasse [sic!] entspräche und mit dem es sich so bequem und sicher arbeitete. Im Jahre 1863 erscheint im Preis-Verzeichniss der optischen Instrumente des von C. Kellner in Wetzlar gegründeten Instituts Nachfolger F. Belthle (Heinrich Frey: Das Mikroskop und die mikroskopische Technik. Verlag von Wilhelm Engelmann; Leipzig 1863: 457) die Vergrösserungstabelle der zu jener Zeit gelieferten Optiken und das hier gezeigte Mikroskopstativ wie folgt: |
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2a. Mittleres Mikroskop. Grobe Einstellung durch Zahn und Trieb und
feine desgl. durch Mikrometerschraube. - Spiegel für schiefe Beleuchtung
. - Bewegung des ganzen Instrumentes um die optische Axe. - Okular I und
III und System 0, 1, 2 und 3. Vergrösserungen von 25- 700...85 Thlr.
Dasselbe ohne Bewegung um die optische Axe..80 Thlr. [...] ![]() ![]() [...] 23. Okularglasmikrometer, ganze Länge der Theilung 21/2 Millim., ein Millim. in 10 Theile...3 Thlr. Stative diesen Typs sind recht selten, da sie zwar über einen Grobtrieb verfügen und ergonomisch sehr angenehm ausgeführt sind, jedoch im Gegensatz zum etwas kleineren Stativ des selben Herstellers nur gegen Aufpreis um die optische Achse drehbar ausgeführt werden. Dieses Mikroskop kann im Sommer 2011 aus einem privaten Nachlass in Witten für diese Sammlung erworben werden. Im Auslieferungsbuch des optischen Instituts erscheint dieses Mikroskop auf Seite 74. Es wird als Stativ 2a am 11. Februar 1864 für 104 Thaler und 20 Kreuzer an Dr. Deicke an die Realschule in Mülheim geliefert, die Zahlung erfolgt über die dortige Komune, das Mikroskop wird also direkt für die Schule erworben. Der Lehrer erhält offenbar knapp eine Woche später zusätzlich einen Zeichenapparat zur Ansicht, welchen er aber dem Hersteller wieder zurück schickt. Dr. Hermann Gustav Deicke arbeitet ab 1853 als ordentlicher Lehrer an der höheren Bürgerschule zu Mülheim an der Ruhr. Er wird im März 1857 zum Oberlehrer an der Realschule ernannt. Deicke unterrichtet Mathematik, Geometrie, Chemie, Naturlehre und Naturgeschichte in Mülheim und erwirbt dieses Mikroskop offenbar für seine Studien und Lehre. 1878 wird Deicke als Oberlehrer das Prädikat "Professor" verliehen. |
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Carl Kellner (26.03.1826 - 13.05.1855) gründet das Optische Institut in Wetzlar zusammen mit Moritz Hensoldt im Jahre 1849. Das erste Mikroskopokular wird am 22. Dezember 1849 an den Bremer Apotheker Georg Christian Kindt geliefert, schon am 23. Januar 1850 folgt das nächste Okular an diesen Kunden. | ||||||||||||||||||||||||||||||
![]() ![]() Als im Dezember 1856 jedoch Friedrich Belthle (27.02.1829 - 09.05.1869), ebenfalls ein ehemaliger Gehilfe dieser Werkstatt, die Witwe Kellners heiratet (die bereits im August 1856 außerehelich ein Kind von Belthle zur Welt bringt), scheidet Engelbert aus dem Unternehmen aus. Belthle führt die junge Firma weiter, ab August 1857 mit Heinrich Friedrich Rexroth als Teilhaber. |
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Belthle gelingt es, den Ruf der Firma zu wahren, er bringt
selbst aber bis auf die mechanische Optimierung der Instrumente nur geringe
Neuerungen hervor. Die Geräte werden in Medizinerkreisen anerkannt,
die Firma "Belthle & Rexroth (C. Kellners Nachfolger)" stellt bei der
Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte im September 1858 in Karlsruhe
Mikroskope aus, die Belthle dort persönlich präsentiert.
[Vergleiche Referenz 4, 5, 34, 56, 74, 97] (Datierung mit freundlicher Unterstützung von Rolf Beck, Archiv Leica Microsystems GmbH, 21.06.2011) |
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