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Mineralogisches Hartnack Mikroskop: Stativ IX von 1878. Das Mikroskop
ist gefertigt aus zaponiertem, geschwärztem und vernickeltem Messing
und gebläutem Stahl. Das Instrument verfügt über einen Grobtrieb,
die Feineinstellung wird über einen Prismentrieb erzielt. Der Plan-
und Konkavspiegel wird in 4 Gelenken gelagert; die Skala des Drehtisches
ist vernickelt.
Die Ausführung des Polarisationsapparates mit Kondensorlinse ist dabei eine Erfindung aus der Werkstatt Hartnacks. In "Das Mikroskop und die mikroskopische Technik" (Heinrich Frey; Verlag von Wilhelm Engelmann; Leipzig 1863) heißt es darüber: In neuerer Zeit hat Hartnack über den Polarisator eine plankonvexe Flintglaslinse von kurzer Brennweite angebracht und hierbei die Leistungsfähigkeit seines Polarisationsapparates wesentlich erhöht. Der Aufsatzanalysator trägt eine Goniometerteilung in Inkrementen zu je vier Grad. Als Teil der zentrierbaren Objektivfassung ist ein verschließbarer Schlitz für das Einbringen von Verzögerungsplättchen vorhanden. Eine entsprechende Quarzplatte aus der optischen Grundausstattung des Mikroskops ist vorhanden. An weiterem Zubehör zu diesem Mikroskop ist ein Messingring erhalten, welcher über zwei Stahlstifte justiert auf den Tubusabsatz für den Aufsatzanalysator gelegt werden kann. Dieser Ring dient als Distanzstück, um nach Rosenbusch die Zentrierung des Fadenkreuzes der Okulare vornehmen zu können, indem über die Augenlinse des Okulars ein Kalkspatkristall gelegt wird. Sowohl dieser Messingring als auch der Tubusabsatz tragen einen Index. An optischer Ausstattung sind die Okulare Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 vorhanden; ferner sind die Objektive Nr. 4, Nr. 7 und Nr. 9 beigegeben. Letztere werden in einer lederbezogenen Schatulle, zusammen mit drei Lochblendeneinsätzen für die Zylinderblende untergebracht. Diese Schatulle trägt die eingebrannte Nummer 19025.
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E. Hartnack & Co.
Das Mikroskop wird im Mahagonikasten liegend untergebracht. Ein gedrechseltes Holzelement nimmt dabei den Analysator auf. Am Rande des Kastens ist ebenfalls die Seriennummer 19025 eingebrannt. Im Stadt-Archiv Potsdam findet sich im Handelsregister (Bd. 1850-1899, lfd. Nr. 682) mit Datum vom 2. Juli 1878 folgender Eintrag: Mit Wirkung von demselben Tage... Das Handelsgeschäft ist durch Erlangung und Vertrag auf den Kaufmann und Optiker Edmund Hartnack übergegangen zu Potsdam, welcher dasselbe unter unveränderter Firma fortsetzt. Danach werden die Mikroskope der Werkstätte Hartnacks nur noch mit der Ortsangabe Potsdam signiert. |
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![]() Berücksichtigt man die Produktionszahlen Hartnack'scher Mikroskop, kann das hier gezeigte Instrument eindeutig auf 1878 datiert werden. Damit handelt es sich hierbei um das älteste mineralogische Polarisationsmikroskop, welches das 1876 von Harry Rosenbusch beschriebene Problem der Zentrierung der Mikroskopobjektive auf die Drehachse des Tisches konstruktiv direkt an der Fassung der Objektive statt über den Tubus löst. Kombiniert mit Objektivzangen setzt sich diese Bauart später bei allen Herstellern durch. Die hier gezeigte Konstruktion ist damit in der Bedeutung für die Polarisationsmikroskopie gleichzusetzen mit der Erstbeschreibung des im Querschnitt fünfseitigen Kalkspatprismas für Polarisator und Analysator durch Hartnack & Prazmowski (E. Hartnack und A. Prazmowski (1866): Prisme polarisateur; Annales de chimie et de physique 7, p. 181-189), welche ihrerseits zum Erzielen einer möglichst großen Apertur und planen Endflächen bei gleichzeitig geringem Materialeinsatz dient. Anzumerken ist hier weiterhin, dass Rudolf Fuess seine ersten Polarisationsmikroskop für petrografische Anwendungen ausschließlich mit Objektiven und Okularen von Hartnack bestückt. In "Neues Jahrbuch für Mineralogie" 1876 heißt es im Schlußabsatz von Rosenbuschs Artikel Ein neues Mikroskop für mineralogische und petrographische Untersuchungen: |
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![]() ![]() Mit eben diesen Optiken ist auch das hier gezeigte Hartnack'sche mineralogische Mikroskop und auch sein Nachfolger von 1882 ausgestattet. Selbst das Preis-Verzeichniss über Krystallographische Instrumente von R. Fuess (vorm. J.G.Greiner jr. & Geissler) aus dem Jahre 1883 listet das Mikroskop für petrographische Untersuchungen (Construction Rosenbusch-Fuess) noch mit Hartnack'schen Polarisatoren. Damit ist zusammenfassend festzustellen, dass das hier gezeigte mineralogische Mikroskop Hartnacks aus dem Jahre 1878 im Vergleich zu den Instrumenten von Fuess (noch) als konstruktiv innovativer einzuordnen ist. Trotzdem scheint Hartnack mit der Produktion von Mikroskopen für biomedizinische Anwendungen derart ausgelastet zu sein, dass er zwar das hier gezeigte Stativ die nächsten Jahre über anbietet, jedoch die Entwicklung von Polarisationsmikroskopen selbst nicht weiter vorantreibt, sondern sich mit der Belieferung von Optiken für die Fuess'schen Mikroskope begnügt. Im Preis-Courant der achromatischen Mikroskope von Dr. E. Hartnack & A. Prazmowski / Nachfolger von G. Oberhäuser aus dem Jahre 1878 wird das hier gezeigte Mikroskop beschrieben als Stativ No. IX.: |
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Über eine Händler in Berlin gelangt dieses Mikroskop im November 2007 in die hiesige Sammlung. |
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Hartnack muss auf Grund des deutsch-französischen Krieges 1870 Frankreich verlassen und wirkt fortan in Potsdam weiter, wo er am 9. Februar 1891 stirbt. |
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![]() ![]() Wegen seiner Verdienste um die Medizin durch Bau und Vertrieb seiner Mikroskope wird er 1868 zum Ehrendoktor der medizinischen Fakultät Bonn ernannt; die preußische Regierung verleiht ihm 1882 den Professorentitel. In eben diesem Jahr bestätigt Prof. Fritsch: "Hartnack scheint mit seinen homogenen Imm.-Systemen Zeiss überflügelt zu haben. Hartnacks Bakterienmikroskop ist in ärztlichen Kreisen weit verbreitet und hoch anerkannt." [Vergleiche Referenz 1, 2, 25, 39, 47, 56, 84, 85, 87, 94 sowie Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau: Polarisationsmikroskop von Hartnack, Inventurnummer PM 008345 (MIM 592)] (Daten aus dem Potsdamer Handelsregister mit freundlicher Unterstützung von Hans Weil, Berlin; Daten aus Prazmowskis Nachlass mit freundlicher Unterstützung von Jeroen Meeusen.) |
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